Böhmerwald-Wurzeln

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Weihnachtsgeschichten

Ein böser Streich am heiligen Abend

Hedwig  dürfte damals etwa dreizehn Jahre alt gewesen sein. Schon mit elf Jahren hatte sie ihre Mutter verloren.  Deshalb verbrachten Hedwig und ihre drei älteren Geschwister Maria, Josef und Anna  am Heiligen Abend die Zeit bis zur Christmette mit ihrem Vater dem Oberhannesen Sepp,  mit gemeinsamem Kartenspiel. Die Quüchtenbaun-Kinder waren zu Besuch und es war ein unterhaltsamer Abend. Der Vater konnte interessante Geschichten erzählen und ohne es zu ahnen  nahm damit das Unheil seinen Lauf. Die Quüchtenbauns verabschiedeten sich, weil sie noch vorher heim und sich umziehen mussten. Das Festgwaunt zog man nur zum Kirchgang an. Auch die Oberhannesen-Kinder machten sich zurecht. Weil die Familie außerhalb von Sahorsch,  in der Orschicht wohnte (Unterschneider) gingen die Geschwister  rechtzeitig los, denn es lag wie immer viel Schnee. Sie zogen die Schnürstiefel an, denn sie hatten von Sahorsch aus eine Stunde Gehzeit zur Kirche nach Tweras. Es war schon vorgekommen, dass in der Christnacht wo man alle Leute in der Kirche vermutete, Lebensmittel aus den Häusern gestohlen worden waren, darum blieb der Vater  zu Hause. Die Kinder kannten den Weg , denn sie gingen ihn regelmäßig auch zur Schule. Normalerweise nahmen sie den kürzeren Weg durch den Wald. Aber weil es dunkel war und viel Schnee hatte folgten sie dem Weg der nach Alsching führt weil er leichter zu laufen war .

In Sahorsch sah man überall beleuchtete Fenster und weil an den meisten keine Vorhänge waren konnte man in die Stuben schauen.

Und wie der Zufall es wollte entdeckten die Geschwister was sie heimlich gehofft hatten: mitten in der Stube stand eine Frau und hielt ihr hölzernes Nähkörbchen in den Händen. Vielleicht musste sie noch schnell an ihrem Gewand einen Knopf annähen. Während sie noch darin suchte schlichen sich die Kleinen ans Fenster und riefen auf das Kommando von Sepp, gemeinsam im Chor, so laut sie konnten: "Du ouldie Blettn, gehst nit it Meittn?" Die Bäurin traf fast der Schlag, vor Schreck fiel das Nähkörbchen zu Boden und der ganze Inhalt, all die Knöpfe, Nadeln, Spulen und Fäden kugelten durch die Stube. Wahrscheinlich hatte sie einige Zeit damit zu tun bis sie wieder alles aufgesammelt hatte. Die Übeltäter suchten schnell das Weite und gingen auch brav bis nach Tweras zur Christmette.                                     

Am nächsten Tag, dem 1. Weihnachtsfeiertag, hörten sie beim Kirchgang wie die Zieschn Luisl, die vor ihnen ging, erzählte, dass die Bäurin nicht mehr in die Mette konnte weil sie sich so erschrocken hatte und sie möchte nur zu gern wissen wer ihr diesen Streich gespielt hatte. Ihnen blieb nichts anderes übrig als sich auf dem ganzen Weg das Lachen zu verbeißen. Als der Vater davon erfuhr wird ihn wohl auch das Gewissen etwas geplagt haben. Er konnte nicht richtig schimpfen, denn er hatte den Kindern am Heiligen Abend davon erzählt.  Erst viele Jahre später hat Hedwig der Zieschn Luisl erzählt, dass sie mit ihren Geschwistern  damals die Übertäter gewesen waren. Sie hat dann tatsächlich den Vater noch richtig ausgeschimpft, ob ihm damals nichts besseres eingefallen sei.


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