Dringende Honiglieferung nach Tusch
oder kleine Hedwig ganz groß. Mein Opa, ,der "Oberhannesen Sepp", pflegte auch zwei Bienenstöcke. Nachdem der Honig geschleudert und in Gläser abgefüllt war, sollten auch die Müllners in Tusch davon bekommen. Sicher hätte man den Honig bei der nächsten Gelegenheit mit nach Tusch nehmen können. Aber meine Mutter Hedwig, die Jüngste von den vier Kindern, hatte es sich in den Kopf gesetzt: „ Ich kann den Honig alleine nach Tusch tragen.“„Das ist zu weit und du findest nicht hin,“ sagte die Mutter besorgt. Etwa 1 ½ Stunden Fußweg waren es einfach von der Orschicht in Sahorsch über Tweras nach Tusch. „ Ich bin doch schon so groß,“ beharrte die Neunjährige immer wieder, bis sie dann schließlich doch gehen durfte.
Die Mutter packte ihr den Honig gut ein und sie machte sich auf den Weg. In Tusch angekommen, fragte sie nach dem Haus der Müllners und überbrachte den Honig und die Grüße von der Verwandtschaft. „Du bist wirklich alleine hergekommen ?, fragte die Tante und bot ihr zu Trinken an. Hedwig nahm, nicht ohne Stolz, in der Stube Platz. Nachdem sie etwas ausgeruht hatte musste sie sich wieder auf den Heimweg machen. Die Tante gab ihr einen großen Keitel Schwarzbrot mit Schweineschmalz für unterwegs mit.
Hedwig mochte kein Schweineschmalz, denn zuhause wurde selbst Butter gemacht und sie aß lieber Butter. Aber sie traute sich nichts zu sagen und trug das Brot eine ganze Weile in der Hand mit sich. Als sie so heimwärts lief, bekam sie langsam Hunger und biss dann doch das erste Mal vom Brot ab. Mit der Zeit kam sie ihrem Ziel näher und das Brot wurde auch weniger, denn es war beim Laufen auch hinderlich.
Als der erste "Hanechl"vom Elternhaus in Sicht kam schob sie den letzten Bissen in den Mund. Zuhause angekommen jammerte Hedwig, sie habe ein riesengroßes Schmalzbrot mitbekommen. „Du wirst es doch nicht weggeworfen haben,“ fragten die Eltern. „Nein,“ gab Hedwig zur Antwort, „ich hab´ dann doch Hunger g´habt und hab´s gegessen.“