Weihpalmsunnta
Was ich bis jetzt nur aus den Erzählungen meines Vaters kannte, durfte ich in diesem Jahr bei der Böhmerwaldgruppe Murr - Steinheim miterleben.
Seit über 25 Jahren nehmen die Böhmerwäldler am Palmsonntag, in Festtagstracht und mit den Weihpalmen, wie sie daheim in der Gegend um Krummau gemacht wurden, an der Prozession und am Gottesdienst in der Heilig-Geist-Kirche in Steinheim teil.
Seit einigen Jahren fertigen Hans Matsche aus Tweras und Konrad Grill aus der Pfarrei Stein jeweils einen großen und mehrere kleinere Weihpalmen für die Heimatgruppe an.
Vor etwa 25 Jahren hatte Josef Matschi, aus Hohenschlag bei Kirchschlag, diese Tradition in der neuen Heimat wieder aufleben lassen. Mit einigen Helfern bewahrte es so diesen schönen Brauch vor dem Vergessen. Er soll recht große Hände gehabt haben, dass er den Weihpalm umgreifen konnte und sich deshalb beim Binden leichter tat.
Herzlichen Dank, an die Heimatfreunde der Böhmerwaldgruppe Murr Steinheim, die sich die Zeit genommen haben, mir alles zu erklären, mich mithelfen zu lassen und meine Fragen zu beantworten.
Nach der Tradition werden sieben verschiedene Grünarten verwendet. z.B. Tannen - oder Fichtenzweige, Koniferengrün, ( daheim „Se-ignbam“), Buchs, Efeu, Wacholder, etwas trockenes Buchen- oder Eichenlaub,
Auf jedem Bauernhof wurde ein möglichst stattliches Exemplar gefertigt. Teilweise vier Meter lang und mehr. Je länger desto besser, schließlich wurde der Weihpalm vom Kleinknecht oder vom ältesten Sohn des Bauern getragen. Manchmal wurde damit zum Ärger von Pfarrer oder Messner in der Dorfkirche auch Unfug getrieben. Aber nicht nur Bauernfamilien, auch alle anderen wie Häusler oder Handwerker brachten schöne Weihpalmen zur Kirche.
Daheim im Böhmerwald wurden zum Binden teilweise auch verschiedenfarbige, selbst gewebte „Blahlbandl“ verwendet. Das waren Schnüre von etwa 1 cm Breite, die dann zu sehen waren und gleichzeitig als Schmuck dienten.
Das Anfertigen der Weihpalmen war daheim Männersache. Nur der Schmuck aus buntem Krepp-Papier und der Handschutz am unteren Ende war Aufgabe der Frauen.
Der Träger musste den Weihpalm zu Fuß zur Kirche und wieder nach Hause tragen. Es soll Fälle gegeben haben, bei denen andere Buben von der Empore in der Kirche, das Band mit dem Taschenmesser durchschnitten und das Grünmaterial dann lose wurde und auf die Kirchgänger herunterfiel, oder durch Rempeleien der Jungen untereinander etwas zu Bruch ging. Und aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg wurde überliefert, soll ein Messner in Tweras, von den überlangen Weihpalmen, auf dem Kirchplatz vor Beginn des Gottesdienstes, jeweils ein Stück abgehackt haben.In der Regel kam der Träger aber unversehrt nach Hause.
In einigen Gegenden wurde der nun geweihte Weihpalm durch das Fenster in die Bauernstube gereicht. Bis Karsamstag wurde er in der Scheune aufbewahrt und dann zerlegt. Von den Haselnussruten wurden Stücke von 30-40 cm abgesägt und etwa eine Handbreit kreuzweise eingeschnitten. In diese Spalten wurden geweihte Zweige über kreuz eingesteckt. Jeweils drei solcher Stäbe wurden an Ostern, auf die Felder, die mit Brotgetreide bestellt waren, in den Boden gesteckt. Hiermit wurde Gottes Segen für die Ernte erbeten. Je nach Ortschaft wurden auch geweihte Zweige im Herrgottswinkel in der Bauernstube, in Stall oder Scheune aufbewahrt, oder auch auf Gräber der Verstorbenen gesteckt.