Böhmerwaldfahrt 2012
Zur Kirchweih nach Tweras
Traditionell findet die Kirchweih der Pfarrgemeinde Tweras immer am 29.06. dem Hochfest von Petrus und Paulus in der gleichnamigen Kirche statt. Nach der Wende 1991 wurde das erste Mal wieder zum Kirchweihfest und zur 60. Feier der Jahrgänge 1930/31 eingeladen. Seither findet die Böhmerwaldfahrt wieder alle zwei Jahre statt. Organisiert wird sie in den letzten Jahren von Sepp Bürgstein, Hans Matsche, Heinrich Pachner, Willi Neubauer und ihren Freunden. Auch in diesem Jahr haben sich die Pfarrangehörigen, die seit der Vertreibung in alle Winde zerstreut sind, wieder auf den Weg gemacht um die alte Heimat zu besuchen und gemeinsam mit den tschechischen Anwohnern den Gottesdienst zu feiern.
Am Freitag, den 29.06. machten wir uns mit dem Bus der Firma Knisel auf den Weg. Los ging es bereits um 5.30 Uhr in Steinheim, dann führte der Weg über Freiberg, Stuttgart, und Leipheim bis Freising wo wir die letzten Fahrgäste an Bord nahmen. Mit 40 Leuten im Alter zwischen 43 und 89 Jahren ging es nun in Richtung Böhmerwald. Die meisten sind seit Jahren dabei, man kennt sich, und die lange Fahrt wird aufgelockert durch interessante Vorträge und gemeinsame Lieder, die Willi Neubauer anstimmte.
In Mirskofen kehrten wir zum Mittagessen ein, wo uns auch schon Herbert Blaha, (Brietmüller), ein Schwager von Mary,( Wostl, Putschen), erwartete. Gut gestärkt passierten wir die Grenze bei Philippsreut und erreichten am Nachmittag die weithin bekannte Wallfahrtskirche Maria Gojau. Auf Anregung einiger Teilnehmer stiegen die meisten in Neusiedel aus, um für eine kurze Strecke, den früheren Pilgerweg der jährlichen Fußwallfahrt, von Tweras nach Gojau nachzuempfinden. In Sichtweite der 3 Heiligen empfingen uns die barmherzigen Schwestern mit Glockengeläut, und wir konnten uns in der angenehm kühlen Kirche niedersetzen und Andacht halten. Schwester Tabitha bedankte sich bei allen für die schöne Andacht und die Marienlieder, und betonte wie wichtig es Ihnen sei, dass die Kirche nicht nur ein Museum ist, sondern dass auch Gottesdienste und Taufen stattfinden und der Glaube weitergelebt wird. Die drei älteren Schwestern baten auch um unser Gebet für die Zukunft von Gojau, um die Aufgaben eines Tages, wenn sie alters halber ins Mutterkloster zurückkehren, vertrauensvoll in die Hände von tschechischen Ordensleuten übergeben zu können. Am Abend wurden wir bereits im Gymnasium in Krummau erwartet, wo die Ausstellung über unsere Vertreibung zu sehen war. Deutschlehrerin Margeta Urbanova und zwei ehemalige Schüler warteten schon auf uns. Als Piano-Duo spielten Jan Palkovic und Ivo Janousek vierhändig für uns auf. Die Lehrerin erklärte uns die Schautafeln, auf denen auch Texte von Hans Matsche und Edi Steffl auf Deutsch zu lesen sind. Vorangegangen war im letzten Jahr ein Treffen mit Schülern, und Exkursionen zu den Ortschaften die früher von Deutschen bewohnt waren. Schüler der 8. und 9. Klassen hatten die Geschichten von Zeitzeugen gesammelt und die 12. Klasse machte sich an die Übersetzung ins Tschechische. Lange Zeit war die Vertreibung der Deutschen, im Geschichtsunterricht totgeschwiegen worden.
Die Aufarbeitung unserer gemeinsamen Vergangenheit ist ein wichtiger und mutiger Beitrag zu Völkerverständigung.
Nach einer kleinen Stärkung erreichten wir schließlich zum Abendessen, unser Quartier, das Hotel Vltava in Krummau. Vom Hotel aus waren es nur etwa zehn Minuten in die Altstadt, so dass wir einen atemberaubenden Blick auf Krummau bei Nacht genießen konnten.
Am Kirchweihtag, dem 30.06. brachte uns unser Fahrer mit dem Bus nach Tweras, wo wir um 9.30 Uhr gemeinsam mit anderen Böhmerwäldlern, die mit dem Auto angereist waren, sowie mit einigen tschechischen Kirchgängern das Hochfest von Petrus und Paulus mit einem würdevollen Kirchweih-Gottesdienst feierten. Josef Kindermann ( Eisenbaun) mit der Tweraser Fahne, sowie Lore Marka,( Schuster), Resi Andraschko ( Venzel), Anna Bürgstein (Garmening) und Maria Bürgstein, die Frau von Rauscher Hans waren mit ihren Trachten, mit dabei.
Drei Geistliche zelebrierten die Messe, darunter Pfarrer Hubert Panhölzl aus Straubing, geboren in Uretschlag, Pater Ivo aus Kirchschlag und Kaplan Hujeocek aus Krummau.. Professor Dr. Heinrich Pachner und der Bürgermeister aus Podesdorf, Kocir, sprachen Gruß- und Dankesworte. Als Übersetzerin fungierte wieder Emma Marx. Sie hatte mit ihrem Mann und einigen Helfern, auch am Vorabend, bis in die Nacht noch die Kirche gesäubert, und mit den, wie immer, von Hermine Heislbetz, ( Spanüler Mini,) mitgebrachten Rosen, die Altäre sehr schön mit Gestecken und Sträußen geschmückt.
Auch den Organisten aus der Pfarrkirche Krummau hatte sie organisiert, dessen Orgelspiel von vielen als besonders schön empfunden wurde. So schön habe die Orgel lange nicht mehr geklungen.
Gemeinsam sangen alle Gläubigen, egal in welcher Sprache, die schönen, aus der Heimat bekannten Lieder, was erstaunlich gut funktioniert, weil die Melodie über Sprachgrenzen hinweg, die selbe bleibt.
Beim Böhmerwaldlied, das beim Auszug aus der Kirche zur Totenehrung angestimmt wurde, flossen wieder viele Tränen. Vor den Gedenktafeln an der Außenwand der Kirche, hielt Pfarrer Panhölzl eine kurze Andacht für die Verstorbenen aus unserer Pfarrei. Die Namen derer, die seit 2010 in die Ewigkeit vorausgegangenen sind, wurden vorgelesen.. Den Abschluss bildete das Wuldalied. Besonderer Dank gilt auch Richard Pils (Sohn von Simandl Richard, aus Schlumnitz) der jedes Mal die Lautsprecheranlage in der Kirche und am Friedhof bereitstellt und bedient. Wie schon seit Jahren hatte Familie Lischka aus Tweras, für alle ein Mittagessen im Schatten der Linden und Zelte vorbereitet, von dem reger Gebrauch gemacht wurde. Am Nachmittag hatte jeder Gelegenheit sein Heimatdorf zu besuchen. Wo es möglich war fuhr der Bus hin. Andere bildeten Fahrgemeinschaften oder gingen ein Stück zu Fuß um den „Kirchenweg“ oder „Schulweg“ noch einmal zu gehen, wobei die Gedanken mit Sicherheit in der Vergangenheit waren. Abgekämpft, aber pünktlich waren wieder alle am vereinbarten Treffpunkt. Die Schifffahrt auf dem Moldaustausee, von Lippen aus, war eine wohltuende Entspannung. An diesem schönen, fast heißen Sommertag, ließen wir uns in der Abendsonne den Wind um die Nase wehen.
Eine kleine Kulturfahrt führte uns am Sonntag, von Krummau aus, vorbei an Budweis nach Wittingau, dem heutigen Trebon, das durch seine Karpfenzucht und die riesigen Stauseen die Jakub Krcin anlegen lies, bekannt ist. Margeta Urbanova führte uns durch die Stadt, zum Marktplatz mit den schönen Häuserfassaden, in die prunkvolle Ägidiuskirche und den Schlosspark. Wer nicht so gut zu Fuß war konnte sich auf einer der Bänke zwischen den Bäumen am See Svet ausruhen und die Aussicht genießen. Auch in Gratzen (Nové Hrady) gab es einiges zu sehen. Nach dem Mittagessen im Hotel Rezidence der ehemaligen Residenz des Grafen von Buquoy, in der es durch die dicken Mauern angenehm kühl war, besichtigten wir die barocke Peter- und Paulskirche und die Burg. Auch hier hätten wir sicher länger verweilen können weil es viel zu entdecken gab. Nun stand noch Maria Trost in Brünnl (Dobrá Voda) auf dem Programm.
Hierbei gilt ein besonderer Dank unserem Busfahrer, der den großen Reisebus geschickt durch die enge Zufahrtsstraße und auch rückwärts wieder retour manövrierte. So konnten wir schließlich noch Heilwasser in unsere Flaschen abfüllen und einen Blick in den eingerüsteten Innenraum der Kirche werfen. Zufrieden genossen wir die Fahrt zurück nach Krummau, wo das Regionalmuseum extra für uns seine Pforten öffnete Dr. Slavik nahm sich Zeit für uns, und wies auf Besonderheiten, wie die Holzfiguren von Petrus und Paulus hin, die früher einmal in der kleinen Kirche in Tweras standen. Verschiedene Exponate von den frühen Besiedlungen durch die Kelten, bis zu den Einrichtungs- und Gebrauchsgegenständen der Bauernstuben waren zu sehen.
Besonders zog uns das Keramikmodell der Stadt Krummau im Maßstab 1:200 in seinen Bann. Sofort begannen lebhafte Gespräche, wo sich die Schule, das Waisenhaus, oder ein bestimmtes Wohnhaus befand. Laut Dr. Slavik verdankt Krummau seinen Status als Weltkulturerbe zwei Dingen: das Schloss blieb bis heute so erhalten, weil die Fürstin Schwarzenberg nach Schloss Frauenberg wollte und dort modernisierte, und in der Zeit des Kommunismus herrschte ein Stillstand, der den ersten Besuchern der Stadt, nach der Wende, fast das Herz brach, weil alles so schwarz und heruntergekommen wirkte. Was jedoch auch verhindert hatte, dass alte Bauten durch hässliche Hochhäuser ersetzt wurden. Und dadurch, dass die Häuser nicht aus Ziegeln, sondern aus Stein gebaut sind, konnte auch das jährliche Hochwasser der Moldau die Stadt nicht zerstören.
Die jährlich über eine eine Million Besucher tragen nun zum Aufschwung der Stadt und der Region bei. Anschließend genossen wir einen abendlichen Bummel durch die Altstadt, wo der tagtägliche Besucherstrom langsam abebbte.
Am Montag traten wir nach dem Frühstück die Rückreise an. In Mirskofen aßen wir zu Mittag, und Herbert Blaha wartete schon auf uns. Er überreichte unter anderem einen Gehstock mit Klingel, und Schnupftabak, so dass wir auf der Heimfahrt noch lustige Erlebnisse hatten. Nacheinander verabschiedeten sich die unterwegs Zugestiegenen, nicht ohne noch eine Prise Schnupftabak zu probieren. Unser Busfahrer brachte uns alle wieder gut nach Hause.